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SCHWACHHAUSEN Magazin | Juli-August 2014

Eva will fliehen. Aus der Enge ihrer von übergriffigen Vaterfiguren domi- nierten Welt träumt sie sich ins Offene, will mit Ritter Stolzing, den sie sich als ihren Retter imaginiert, ein neues, eigenes Leben beginnen. „Mir ist’s als wär ich im Traum”, sagt sie, nachdem sie Stolzing erstmals gesehen hat. Doch der Weg in die Freiheit wird Eva ver- sperrt: Hans Sachs, Ziehvater und potenziel- ler Heiratskandidat Evas, verhindert ihre Flucht, denn er hat anderes mit ihr vor. Eva soll keine Sündenfall-Eva, sondern reine Muse werden, die den Ritter Stolzing beim Gesangswettbewerb der Meistersinger zu neuer Kunst inspiriert. Wer der Schwedin Erika Roos mit ihren strahlend grünen Augen und ansteckendem Lachen gegenübersitzt, hat keine irreale Muse, sondern eine sympathische und kluge, junge Frau vor sich. Am Hals trägt sie eine Libelle im selben Grün wie die Augen - ihr Lieblingstier, von dem sie besonders den englischen Namen mag: „Dragon Fly“. Spricht diese Bezeichnung doch dem zarten Insekt mit den transparenten Flügeln die kämpferische Kraft eines Drachens zu. Kämpferisch und angriffslustig wirkt auch Erika Roos, wenn sie lachend fragt: „Mensch Wagner, was ist eigentlich mit deinen Frauen los?!” Mit den Frauenbildern des Kompo- nisten, von dem sie erstmals eine Partie singt, hadert sie. Abgesehen von Kundry und Brunhilde seien sie oft madonnenhaft, nur zur Erlösung des Mannes da - oder würden gar als Trophäe eingesetzt. So wie Eva, die dem Gewinner des Gesangswettbewerbs zur Prämie versprochen ist. „Das ist doch unfassbar, oder?” Erika Roos ist froh, dass die Setzung des Regisseurs Benedikt von Peter die- ses Frauenbild problematisiert, indem er Eva ins Zentrum des Abends stellt und die Oper gewissermaßen durch ihre Augen zeigt. Man begegnet Eva als einer Frau, die nicht erwachsen werden darf, die kleingehalten wird, zwischen Kind und Frau changiert - und die sich abarbeitet an der von Re- geln dominierten Welt der Meister, sich abarbeitet auch an Sachs, der ihr Leben steuert und der das Nadelöhr ist, durch das sie sich ihre Freiheit er- kämpfen muss. „Auf diese Weise erhält Eva eine andere Tiefe, ich habe etwas, wogegen ich aufbegehren kann“, sinniert sie und fügt noch hinzu: „Ich empfinde es immer als Geschenk, ein Regiekonzept zu haben“, eine gedankliche und szenische Matrix, die dabei hilft, das Stück auf anderen Ebenen zu lesen. Bei ihrer Interpretation ist es Erika Roos sehr wichtig, das Kindliche nicht zu spielen, sondern es passieren zu lassen: „Ich versuche ein- fach, so offen wie möglich zu sein, die Dinge, die mich umgeben, zum ersten Mal zu sehen.” In ihrer eigenen Kindheit hat sie selbst viel gesungen, hat auf der Schaukel Lieder komponiert. Das Sin- gen war wie ein inneres Bedürfnis, etwas, das ihr eine neue Welt geöffnet hat. Und natürlich gab es auch in ihrer Kindheit einen Traum: Sängerin zu werden. „Eigentlich war es eher eine Fantasie, denn ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, es wirklich umzusetzen.“ Das passierte erst viele Jahre später, als sie nach dem Abitur merkte, dass für sie gar kein ande- rer Beruf vorstellbar ist. Gleich ihr erstes Engagement führte sie an die Komische Oper Berlin, wo sie über mehrere Jahre hinweg wichtige Partien ihres Faches sang - und auch erst- THEATER BREMENEvas Welt Die Sopranistin Erika Roos in der Meistersinger-Inszenierung am Theater Bremen mals mit dem Regisseur Benedikt von Peter arbeitete. Die Gratwanderung zwischen dem Kindlichen und dem Weiblichen sieht Erika Roos auch in der musikalischen Partie angelegt. Auf der einen Seite ist Evas Musik schlicht, pur, linear, ohne allzu großen Schnickschnack, gleichzeitig aber auch sehnsuchtsvoll und erwachend. „Die Partie ist genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen“, freut sie sich, „ich habe das Gefühl, dass sie mir gerade ohne Anstrengung in der Kehle liegt“. Wer bei den Proben erlebt, mit welcher Sensibilität, Kon- zentration und Begabung Erika Roos sich an die In- terpretation der Eva macht, der kann sich nur freuen. Sowohl in sängerischer als auch darstellerischer Hin- sicht. Die Meistersinger von Nürnberg im Theater Bremen Premiere, Sonntag, 21. September um 15.30 Uhr Freitag, 26. September um 17 Uhr Sonntag, 28. September um 15.30 Uhr www.theaterbremen.de T H E A T E R B R E M E N SCHWACHHAUSEN Magazin | Juli - August 201458 Verlosung!2 x 2 Karten für „Die Meistersinger von Nürnberg“ : am 28. September um 15.30 Uhr, Theater Bremen Einfach eine E-Mail bis zum10.09.14 an: gewinnen@ schwachhausen-magazin.de Der Rechtsweg ist aus- geschlossen. TEXT | SYLVIA ROTH Die schwedische Sopranistin Erika Roos singt die Eva in Die Meistersinger von Nürnberg Foto: Maria Baaring

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