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SCHWACHHAUSEN Magazin | März - April 2015 47 Im ostholsteinischen Ponitz wurde Wilfried „Willi“ Lemke 1946 geboren. Der Bremer SPD-Politiker, der in Hamburg studierte, war von 1981 bis 1999 Manager von Werder Bre- men. Es folgte das Amt des Senators für Bil- dung und Wissenschaft, dann bis März 2008 das für Inneres und Sport. Seitdem fungiert Willi Lemke als Sonderberater des UN-Gene- ralsekretärs für Sport im Dienst von Entwick- lung und Frieden. Von 2005 bis 2014 hatte er zudem das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden von Werder Bremen inne. HABEN SIE JEMALS SELBST FUSSBALL GESPIELT? Nur als Knabe, zwei Jahre lang in einem ganz kleinen Verein in Hamburg. IN WELCHER POSITION? Na, Mittelstürmer! WAS IST FÜR SIE DAS BESONDERE AN WERDER? Es ist ein Verein, der sehr dicht an den Men- schen in Bremen und der Region dran ist. Es gibt nicht so viele Attraktionen in Bremen, und so ist Werder eine Art Flaggschiff, nicht nur regional, sondern auch überregional und international. Werder hat eine große Fan-Ge- meinde, das ist schon etwas sehr Einmaliges. WO SEHEN SIE WERDER AM ENDE DER SAISON? Auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. WAS MACHT VIKTOR SKRIPNIK BESSER ALS DUTT? Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, die Tatsache, dass er den Verein seit 15 Jahren kennt. So ähnlich wie Thomas Schaaf auch. Und er ist vom Auftreten her eher ein Team- player und deshalb kommt er mit der Mann- schaft besser klar als der vorige Trainer. Es ist für mich total überraschend, aber ich bin total begeistert davon. WIR MÜSSEN AUCH EINMAL ÜBER „BAYERN“ REDEN… Ein erfolgreicher Verein, der durch gezielte Einkäufe immer schon nicht nur die eigene Mannschaft stärkt, sondern Gegner schwächt. Das sieht man gerade ganz gut an den Einkäu- fen von Dortmund. Ihre finanzielle Situation ist auf Jahre um ein Vielfaches besser als bei 80 Prozent aller Bundesligavereine. Deshalb sollte bei den Fernseheinnahmen eine Umver- teilung der gemeinsam erzielten Erlöse statt- finden. Da hat jeder Klub, der in der Bundesliga spielt, das gleiche Recht auf das gleiche Geld – egal, ob er vorne oder hinten spielt. WAS MACHT EIN SONDERBERATER DES UN- GENERALSEKRETÄRS? Dieses Mandat umfasst drei Bereiche. Erstens die Repräsentation. Der Generalsekretär schickt mich oft zu Veranstaltungen, wenn er keine Zeit hat. Zweitens die Förderung des Weltsports. Das Ziel ist, in den 193 UN-Mit- gliedsstaaten so viel Sport wie möglich anzu- bieten. In vielen Ländern gibt es zum Beispiel keinen Schulsport. Man muss die Regierungen überzeugen, wie wichtig lebenslanger Sport ist, der in der Schule beginnen muss. Und drittens die Vermittlerrolle. So wird von mir (recht selten) erwartet, dass ich in Kon- fliktsituationen schlichte. Aber viel häufiger kann ich positive Dinge vermitteln. So kom- men gleich zwei Bremer Lehrer und möchten von mir wissen, wo sie Spendengelder für sy- rische Flüchtlingskinder in türkischen Lagern bekommen können. Ich habe sehr viele inter- nationale Kontakte und freue mich, wenn ich diese nutzen kann. GIBT ES DENN IN DIESEN KONFLIKTREICHEN ZEITEN ÜBERHAUPT NOCH RAUM FÜR TRÄUME VON SPORT, ENTWICKLUNG UND FRIEDEN? Ja, wenn man die Nachrichten sieht, könnte man depressiv werden. Trotzdem gibt es keine Alternative zum friedlichen Dialog. Daher ist es wichtig, dass Kinder von klein auf lernen, auch durch Sport friedlich miteinander zu leben. BEHINDERTE UND SPORT – DAS IST AUCH EIN WICHTIGES THEMA FÜR SIE? Das ist eine meiner Prioritäten. Ich durfte mir fünf Prioritäten aussuchen beim Generalsekre- tär. Die zweite Priorität ist „Sport als Brücken- bauer in Konfliktregionen“, die dritte „Sport als Jugendförderung“. Seit 2012 haben wir in- ternational über 400 Jugendliche geschult für die Entwicklung von Sport und Frieden in ihren Heimatländern. Die vierte Priorität ist Afrika, wo noch viel getan werden muss. Meine fünfte Priorität heißt Gleichstellung der Geschlechter und was der Sport dazu beitra- gen kann. GLAUBEN SIE, DASS SICH IRGENDWANN AUCH MAL MÄNNER FRAUEN-FUSSBALLSPIELE ANSCHAUEN? Natürlich sind die Zahlen noch nicht befriedi- gend. Das dauert sicherlich noch. Aber die TEXT & FOTOS | RENATE SCHWANEBECK PERSÖNLICHKEITEN | WILLI LEMKE Der „Bobby 2010“, der Medienpreis der Lebenshilfe, der Willi Lemke für sein Enga- gement für den Behindertensport verliehen wurde Entwicklung des Frauenfußballs ist auf einem sehr guten Weg. Ich sehe mir die Top-Spiele der Frauen gern auch im Fernsehen an. WELCHE VERBINDUNG HABEN SIE ZU SÜDAFRIKA? Ich bin ein großer Liebhaber von Kapstadt ge- worden. Eine sehr schöne Stadt. Aber es wäre (nach Bremen) die schönste Stadt der Welt, wenn die Armut nicht wäre. Ich bin öfter dort gewesen durch meine Honorarprofessur an der Western Cape University. Ich versuche, jedes Jahr einmal dorthin zu kommen. SIE KOMMEN SEHR VIEL IN DER GANZEN WELT HERUM. SIND SIE NOCH IN SCHWACHHAUSEN VER- WURZELT? Ich bin seit 26 Jahren mit meiner Familie in Schwachhausen sehr glücklich. Wenn Sie in den Garten schauen – der ist im Sommer wie ein Park. Ich laufe regelmäßig die gleiche Strecke im Bürgerpark. Ich kann mir gar nicht vorstellen, mit meiner Frau hier wegzuziehen. Du hast alles hier von der Tankstelle über Le- bensmittel bis hin zu tollem Grün. Und die Nachbarschaft ist hier besonders schön. BLEIBT NOCH ZEIT FÜR HOBBYS? DER GARTEN? ODER KOCHEN SIE VIELLEICHT HEIMLICH? Der Garten – das ist bei uns die Sache meiner Frau. Aber wenn ich Zeit habe, auf der Terrasse zu sitzen, ist das immer eine besondere Freude. Ich bin bei jedem Heimspiel von Werder dabei, wenn es machbar ist. Und meine Frau und ich gehen gerne spazieren in Schwachhausen und im Umland. Kochen kann ich nicht, aber ich mache Ihnen die beste Sauce Hollandaise aller Zeiten. Wenn bald die Spargelzeit kommt, sagt meine Frau wieder: „Die Hollandaise machst du aber!“ Darf ich zum Garten noch eine kleine Anek- dote erzählen? Werder hatte mal den palästi- nensischen Frauen-Fußballclub „DIJAR“ aus Bethlehem in Bremen zu Besuch. Die luden wir zu uns in den Garten ein. Dort entdeckten sie die reifen Kirschen auf dem Baum. Sie sind hin- aufgeklettert und haben die Kirschen genascht. Aber es war der Baum der Nachbarn. Darüber scherzen wir heute noch, zumal auch noch ein Mädel unter allseitigem Gelächter vom Baum fiel! WAS KOMMT NACH DIESEM AMT? Da habe ich keine Ahnung (lacht). Es wäre na- türlich verlockend, wenn die deutsche Bewer- bung für die Olympischen Spiele läuft, dass ich die Bewerberstadt unterstütze. Das ist eigent- lich selbsterklärend. Naja, und meine Frau wünscht sich aber, dass es auch mal ruhiger wird. VIELEN DANK FÜR DAS GESPRÄCH. SCHWACHHAUSEN Magazin | März - April 201547

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